Potsdam, 23. April 2024 – Ein verfassungsrechtliches und ein gesundheitsökonomisches Gutachten entkräften die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgestellten Eckpunkte für eine Apothekenreform. Obwohl der Referentenentwurf für eine von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach seit Monaten angekündigte Apothekenreform noch nicht vorliegt, hatte die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zwei Studien beauftragt. Einerseits sollte juristisch geklärt werden, ob die von Minister Lauterbach verfolgte „Apotheke ohne Apothekerin oder Apotheker“ zulässig ist. Andererseits wurde wirtschaftlich geprüft, wie sich die vom Ministerium angekündigte Umverteilung des Apothekenhonorars auf die chronisch unterfinanzierten Apotheken auswirken würde.
 
Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio stellt in seinem Rechtsgutachten „Apothekerliche Präsenzpflicht in der Apotheke“ fest: „Mit der Ausgestaltung und Aufsicht über das Apothekenwesen erfüllt der Staat eine Schutzpflicht aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“. Weiter schreibt er: „Der Gesetzgeber verfügt bei der Erfüllung des Verfassungsauftrags der Arzneimittelsicherheit und der Wahrung des Patientenwohls über einen Gestaltungsspielraum.“. Di Fabio schlussfolgert daraus, dass jeder gesetzgeberische Schritt „in Richtung einer Entfernung vom Leitbild persönlicher Kontrolle der Arzneimittelabgabe durch einen pharmazeutisch qualifizierten Apotheker oder eine Apothekerin als Grundrechtseingriff im Hinblick auf Eignung und Erforderlichkeit zu beurteilen ist“. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sagt dazu: „Das Gutachten von Professor Di Fabio beweist unwiderruflich, dass eine Versorgung über Apotheken ohne Apothekerinnen und Apotheker einen Grundrechtseingriff darstellen würde. Ohnehin warnen wir seit Monaten vor solchen Vorschlägen, weil sich für unsere Patientinnen und Patienten dadurch Qualitätseinbußen und Leistungskürzungen ergeben würden.“.
 
Der Gießener Volkswirtschaftsprofessor Dr. Georg Götz beantwortet in seinem Gutachten die Frage „Bremst die BMG-Honorarreform das Apothekensterben?“. Wenn der variable Apothekenzuschlag – wie vom Ministerium geplant – schrittweise von 3 auf 2 Prozent abgesenkt wird und im Gegenzug der fixe Zuschlag um die dadurch freiwerdenden Mittel ansteigt, dürfte sich laut Götz für die Bevölkerung keinerlei Verbesserung der Arzneimittelversorgung ergeben: „Bei unveränderten Krankenkassenausgaben führt sie zu keinem nennenswerten Gewinnanstieg bei den ertragsschwachen Apotheken.“. Die geplanten BMG-Maßnahmen seien nicht ausreichend, um ein weiteres Absinken der Apothekenzahl zu verhindern. Vielmehr seien mit Blick auf die wirtschaftlichen Kennzahlen der Apotheken „zusätzliche Mittel“ nötig, um den Negativtrend zu stoppen. DAV-Vorsitzender Dr. Hans-Peter Hubmann kommentiert: „Das Gutachten belegt eindrücklich, dass die Pläne und Ankündigungen des BMG nichts als Nebelkerzen sind. Keine einzige Apotheke könnte durch sie gerettet werden. Herr Lauterbach nähme somit wissentlich in Kauf, dass immer mehr Menschen weitere Wege zu ihrer nächsten Apotheke zurücklegen müssten und die Versorgung der Bevölkerung immer mehr ausdünnt.“.